25.Dezember 2014
Am Mittwoch habe ich den bisher ungewöhnlichsten Heiligen Abend meines bisherigen Lebens gefeiert. Meine Gefühle waren dabei sehr ambivalent, aber fast durchgehend dankbar und glücklich.
Noch am Dienstagabend hatte ich in mein Tagebuch geschrieben, dass Weihnachten in diesem Jahr für mich wahrscheinlich emotional ausfallen würde. Bei fast durchgehend 30 Grad im Schatten, lediglich hier und da einem bunt blinkendem Tannenbaum und keinerlei festlicher, familiärer Pläne für den Heiligen Abend konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass Weihnachtsstimmung wie ich sie gewohnt bin, aufkommen könnte.
Diese Meinung habe ich allerdings schnell revidiert. Als ich am Mittwoch aufwachte und das erste Lied auf meinem MP3-Player „Wenn die Zeit kommt (dann will ich Weihnachten zu Hause sein)“ war, wurde ich wehmütig. Weihnachten ohne Familie? Kein Streit über das Lametta am Tannenbaum, kein Krippenspiel im Kindergottesdienst, kein Besuch der Christmette und keine „Wir schenken uns zwar nichts ich hab‘ da aber mal was vorbereitet“-Überraschungen bei der Bescherung? Kurzfristig war das für mich undenkbar und ich verdrückte ein paar Tränchen. Dabei war ich doch zu Weihnachten schon Mal nicht in Deutschland gewesen. Damals, mit 16, feierte ich aber stattdessen mit meiner wundervollen Amerikanischen Gastfamilie.
Sinos und Lisa cooked lasagna.
Beim ersten morgendlichen Schritt in die strahlende Sonne war meine Wehmut wieder vergessen – die Weihnachtsstimmung allerdings auch. Beim Einkauf für die Lasagne am Abend – wir wollten unsere Partnergruppe zur Feier des Tages bekochen – erinnerte mich ebenso wenig an Weihnachten.
Erst, als wir die Wohnung der Jugendlichen mit den zuvor gemeinsam gebastelten Weihnachtsgirlanden und Papiersternen dekorierten, Teelichter anzündeten und der Duft von Lasagne und Lebkuchen (die haben wir kiloweise mitgebracht) durch den Raum strömte, regte sich in mir so etwas wie Vorfreude auf das Fest.
Vor dem Essen lasen wir die Weihnachtsgeschichte vor und beteten. Nach dem Essen sangen wir gemeinsam deutsche und englische Weihnachtslieder. Begleitet von Lisa an der Gitarre und Fei den Glöckchen, die ich mitgebracht hatte, schmetterten wir „Jinglebells“ bis zum Abwinken. Das gemeinsame Essen und die Musik verbanden uns mehr als je zuvor miteinander. Zwischendurch bekam ich vor Gänsehaut und feuchten Augen keinen Ton mehr raus – und nein, ich übertreibe an dieser Stelle in keinster Weise. Es war SO schön!
Klar, meine Familie und meine Freunde in Deutschland sind tausende Kilometer von mir entfernt. Hier habe ich aber für die verbleibende Zeit eine wundervolle Ersatzfamilie geschenkt bekommen, die ich fest in mein Herz geschlossen habe. Zur Bescherung durften die Jugendlichen eine Spielesammlung auspacken, die wir gleich ausgiebig ausprobierten.
Nach der Weihnachtsfeier mit den Thais verbrachten Lisa, Eli, Daniel, Sinos und ich den restlichen Abend mit Wein, Chang Bier und noch mehr Lebkuchen in der Hotellobby. Unsere abendlichen Unterhaltungen nach der täglichen Reflexionsrunde sind bereits eine Art Ritual und fast schon legendär. Man lernt viel über Menschen, wenn man täglich von früh bis spät mit ihnen zusammen ist. Mindestens ebenso legendär war für mich dieser Heilige Abend, an dem unsere Gespräche von lauter Musik untermalt wurden. Im Festsaal des Hotels feierte die Belegschaft eine Weihnachtsparty – mit Geschenken, Spielen und bunten Kostümen. Während wir uns das Spektakel anschauten, durften wir gleich mit anstoßen – supercool.
Ich habe in den vergangenen 24 Stunden viel darüber nachgedacht, was mir Weihnachten bedeutet und konnte dieses besondere Gefühl, das den Heiligen Abend umwebt, nie ganz in Worte fassen. Am Mittwochabend wurde es mir dann auf einen Schlag klar.
Weihnachten bedeutet für mich Freude aus Dankbarkeit. Freude und Dankbarkeit darüber, dass der liebe Gott seinen Sohn auf die Erde geschickt hat. Freude und Dankbarkeit für das Leben, das ich leben darf und noch wichtiger: Freude und Dankbarkeit für die Menschen, die Teil davon sind. Weihnachten findet nicht zuletzt in meinem Herzen statt. Weihnachten ist für mich, wo Liebe, Freude und Dankbarkeit sind. Weihnachten ist also jeden Tag, weil ich Gott jeden Tag für mein Leben und seine Liebe danke.
Natürlich habe ich meine Lieben in Deutschland und in aller Welt am Heiligen Abend vermisst – gedanklich waren wir aber beieinander – und das, was in unseren Herzen vor sich geht, ist das, was zählt.
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